Salon de coiffure, Bonn, 2002
18 mirror, each 60 x 75 cm, Nail varnish on mirror
In einem Friseursalon in der Bonner Innenstadt werden 18 bemalte Spiegel an Stelle der üblichen Friseurspiegel montiert. Dabei führen die Spiegel einerseits den funktionalen Dienst des Friseur-Intérieurs fort, sind aber andererseits Bildträger abstrakter Tafelbilder. Der Kunde sieht sich selbst, in dem er das Gemälde betrachtet, und wird so zum Teil des Bildes; das Bild wird aber Teil seines funktionalen Blicks. Konzentriert der Kunde sich auf sich selbst und seine Erwartung, wird das Bild zum Störmuster in einem unveränderlichen ökonomischen Alltag.
Künstliche und künstlerische Schönheit treffen aufeinander, wenn Heidi Sill die für einen Coiffeur zwingend notwendigen Spiegel durch eigens von ihr mit roten Flächen bemalte Spiegel ersetzt. Dem Ort der Verschönerung angemessen wählt die Künstlerin Nagellack als Malstoff und jene Form der abstrakten Malerei, die seit ihren Anfängen in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Fragen nach der Gestaltung des öffentlichen Raumes am weitesten vorangetrieben hat und in den besten Fällen gezielt, in den problematischen Fällen ungewollt auf dem schmalen Grat zwischen Kunst und Dekor angesiedelt ist. Raum und Menschen im Raum, diese üblicherweise als Kunden des Salons bezeichnet, sind so - den einfachen physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Spiegelung zufolge - Teil eines Kunstbildes/Kunstraumes und eines gedanklichen wie ästhetischen Netzwerkes, an dem die Begriffe der Reflexion (Spiegelung und Denken) wie des Salons (Kulturtreffpunkt und Ort der Schönheit) ihren vieldeutigen Anteil haben.
(Annelie Pohlen)